Thomas Meyer-Bauer schreibt bereits 2012 in seiner damaligen Funktion als zuständiger Orgelsachverständiger der ev.-luth. Kirche in Oldenburg:

 

In Arp Schnitgers Taufkirche, St. Bartholomäus zu Golzwarden, erinnert bis heute das schöne historische Orgelgehäuse aus der Werkstatt des großen Meisters an die besondere Bedeutung dieses Ortes. Leider ist der Rest des Instruments von 1698 über die Jahrhunderte verlorengegangen. Die in dem altehrwürdigen Gehäuse heute anwesende Orgel von 1965 füllt ihren Platz nicht in angemessener Weise aus.

 

In den vergangenen Jahrzehnten wurde eine umfangreich Erforschung von historischen Orgeln, und den in diesem Zusammengang wichtigen Archivquellen durchgeführt. Es ging und geht um den Orgelbau des 17. und 18. Jahrhunderts. Dieser Forschungsprozess ist bis heute nicht abgeschlossen, aber dennoch ist die Rekonstruktion einer Schnitgerorgel auf höchstem Niveau mehr denn je möglich und in einem Fall wie Golzwarden geboten.

 

Genaue Vermessungen der originalen Vorbilder und die Anwendung der inzwischen erforschten historischen Fertigungsprozesse befähigen zeitgenössische Organologen und Orgelbauer zu einem Vorgehen, dessen Ergebnisse den ursprünglichen Verhältnissen näher kommen denn je. Stilgeschichtliche Studien vermitteln uns eine Vorstellung des „Schnitger – Klanges“.

 

So scheint die Zeit reif für eine Wiedergewinnung der Schnitgerorgel in St. Bartholomäus zu Golzwarden. Die Anwesenheit und das Engagement der Arp Schnitger Gesellschaft Golzwarden legt dieses Ziel nahe und wird in der praktischen Ausführung hilfreich sein.

 

Eine Orgel für Arp Schnitger!


Prof. Dr.hc.mult. Harald Vogel schreibt u.a. in einer Projektskizze zum Bau der Orgel im originalen Gehäuse von Arp Schnitger in der St. Bartholomäuskirche zu Golzwarden:

 

... Hier (in der St.Bartholomäuskirche zu Golzwarden) befindet sich eine Orgel von 1965 hinter dem schönen Schnitgerprospekt von 1698, die hinsichtlich Konstruktion, Materialauswahl, Traktur (Spielanlage) und Klang völlig ungenügend ist. Die alte Orgel in Golzwarden gehörte zu jenen Instrumenten, bei denen Schnitger Teile der Vorgängerorgel verwendete und damit seinen Respekt vor den Werken seiner Vorgänger demonstrierte. Schnitgers Orgelbau in Golzwarden integrierte das vorhandene Instrument, das 1635 aus der Lambertikirche in Oldenburg angekauft worden war und aus einer niederländischen Orgelbauwerkstatt des 16. Jahrhunderts stammte. Im Jahre 1650, also zwei Jahre nach der Geburt Arp Schnitgers im benachbarten Schmalenfleth, wurde ein Pedalwerk von dem ursprünglich aus Meißen stammenden Orgelbauer Constantin Ibach hinzugefügt.

 

Arp Schnitger versetzte 1698 die Orgelanlage auf die heute noch erhaltene Westempore und baute  das Gehäuse, zwei Windladen und einen Teil des Pfeifenwerks neu. Bemerkenswert ist die Angabe in Schnitgers Aufzeichnungen: "Weil ich in diesem Dorfe geboren und getauft bin, habe ich für dieses Werck nicht mehr genommen als es mich selbst gekostet hat." Zu den Gesellen Schnitgers gehörte auch Johann Hinrich Hulenkampf, der ab 1711 in Portugal wirkte und dort mehrere Orgeln mit Teilen aus der Hamburger Schnitger-Werkstatt aufstellte. Leider sind die Akten aus der Zeit von Schnitgers Orgelbau nicht mehr vorhanden, wodurch auch die ursprüngliche Dispositionsaufzeichnung fehlt. Erst in einem Kircheninventar von 1775 und einer Orgelbeschreibung des in Oldenburg wirkenden Orgelbauers Johann Wilhelm Krämershoff aus dem Jahre 1803 finden wir nähere Angaben zur Registerzahl und zur Disposition.

 

Das Innenwerk wurde 1912 im Zusammenhang mit einem Orgelneubau beseitigt. Nur wenige Jahre später mussten die sichtbaren Prospektpfeifen Schnitgers zu Kriegszwecken abgeliefert werden. Die nach dem "modernen" pneumatischen System gebaute Orgel hatte, ebenso wie das 1965 fertiggestellte Ersatzinstrument, keine lange Lebensdauer. Es ist deshalb notwendig, jetzt ein dauerhaft funktionierendes Werk mit den klanglichen Ressourcen der hoch geschätzten Orgelwerke Schnitgers in Golzwarden neu zu bauen. Dabei werden 25 Register auf zwei Manualwerke (Hauptwerk und Brustpositiv) und ein hinten aufgestelltes Pedalwerk verteilt.

 

 Das Projekt des Orgelneubaus im Schnitger-Gehäuse in Golzwarden vereint alle Entwicklungslinien, die im ursprünglichen Instrument von 1698 enthalten waren: Die niederländische Bauweise des späten 16. Jahrhunderts, den mitteldeutschen Stil aus der Mitte des 17. Jahrhunderts und Schnitgers "integrierendes" Konzept, das wir heute noch als den Höhepunkt der barocken Orgelkunst erfahren können ...